17th of June

This date does not only mark the anniversary of the People’s Uprising in East Germany – today is also the day on which Raif Badawi has spent three years in prison.

That’s why I have decided to dedicate another text to him. Due to the latest news from Saudi Arabia the situation though looks very differently compared to the one on the day when I started to write down the first thoughts to this text.

But in reality aside from the fact that now there is only a single possibility to set aside this sentence – an intervention by the king – to this day not much has changed. Raif Badawi has been in prison since three years now, which means that from this time on he hasn’t had much of a life anymore, at least none which deserves this name. The powerful and influential of his country have deprived this man already of three years of his life – three years that can’t be given back. And according to the sentence that now has become effective seven more are supposed to follow. That means if he will live to see them at all. Then if the death penalty on instalments, which hides its true character by hiding the name it actually deserves, is executed as intended, is that not guaranteed.

It is true – so far Raif Badawi hasn’t been flogged anymore – although it is not clear for which reasons. Until the morning of the 7th of June it had become an ordinariness to wait each Friday for that reassuring message, for many of us the fear has become less big than in the first weeks of January and February. The confirmation of the Supreme Court in Saudi Arabia has brought us back to the ground of reality and showed us that the risk is still there, in the same way as it was there in the second week of January this year and the reaction from official side haven’t been sufficient yet to achieve a release.

This is and stays the only acceptable solution. Although Raif Badawi hasn’t been hurt physically since the 9th of January, one has to consider what this uncertainty about what will happen now, if and when these remaining 950 lashes will be executed which reaches its peak each Friday again, now means to this young Arab and how nerve-racking that has to be for him. That is nothing else than psychological torture. After all since January he has been in an empty space without indications how the future will look like, no dates as tangible fixed points in immediate future and has to be prepared for the worst every single week. This fear increases of course even more due to said court decision; the situation appears to be more hopeless than ever.

Nevertheless there are still glimmers of hope. The Saudi government for example already can’t ignore the case anymore for a long time and finds itself constrained to repeat over and over again that the human rights are guaranteed in its country. The fact that despite the sentence and corresponding reports by domestic media the flogging hasn’t been executed last Friday suggests that the public opinion doesn’t go unheard.

That all is a good start. But now it is even more important to insist and stand up for a release of Raif Badawi more than ever – even if that means that our governments for once have to put their own economic interest on the bottom of the list.

Raif Badawi is a peaceful man, who is punished solely for having the courage to have his own opinion and to share it with the world around him even if he discusses topics which are taboo for certain not irrelevant population groups of his country. It is absolutely desirable that Raif Badawi can be soon reunited with his family and will be able to live a normal life. That also is the place where he deserves to be – with his wife and his children in the first place but also because that means that he would be able to speak out his thoughts without fear of further repression and to share them with people who are just as concerned about the fate of the world.

The original German version can be found here:

https://saminana.wordpress.com/2015/06/17/17-juni/

17. Juni

Dieses Datum bezeichnet nicht nur den Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR – heute ist auch der Tag, an dem Raif Badawi drei Jahre im Gefängnis verbracht hat.

Deswegen habe ich beschlossen, ihm einen weiteren Text zu widmen. Allerdings sieht die Lage nun aufgrund der neusten Nachrichten aus Saudi Arabien nun deutlich anders aus, als an jenem Tag als ich meine ersten Gedanken zu diesem Text aufgeschrieben habe.

Doch effektiv hat sich abgesehen davon, dass nur eine einzige Möglichkeit, dieses Urteil nun noch aufzuheben, übriggeblieben ist – eine Intervention des Königs – bis zu diesem Zeitpunkt nichts geändert. Raif Badawi ist jetzt nunmehr seit 3 Jahren im Gefängnis, was bedeutet dass er seit diesem Zeitpunkt so gut wie kein Leben mehr hat, jedenfalls keines das diesen Namen verdient hätte. Die Mächtigen und Einflussreichen seines Landes haben diesem Mann bereits drei Jahre seines Lebens gestohlen – drei Jahre, die ihm nie mehr zurückgegeben werden können. Und gemäss dem nun endgültig rechtskräftig gewordenen Urteil sollen weitere sieben folgen. Das heisst, wenn er diese überhaupt noch erleben wird. Denn falls die Todesstrafe auf Raten, die ihren wahren Charakter verbirgt, in dem sie nicht diesen Namen trägt, der ihr eigentlich zusteht, tatsächlich so wie vorgesehen vollzogen werden sollte, ist dies nicht gewährleistet.

Es stimmt – bis jetzt wurde Raif Badawi nicht mehr ausgepeitscht – aus welchen Gründen auch immer. Bis zum 7. Juni war es für uns schon zur Alltäglichkeit geworden, am Freitag auf eine beruhigende Nachricht zu warten, die Angst war für viele von uns längst nicht mehr so gross, wie in den ersten Wochen im Januar und Februar. Die Bestätigung des Urteils durch das oberste Gericht in Saudi Arabien haben uns aber zurück auf den Boden der Realität gebracht und uns gezeigt, dass das Risiko noch besteht, genauso wie es dies in der zweiten Januarwoche dieses Jahres getan hat und das die Reaktionen von offizieller Seite bis jetzt noch nicht ausgereicht haben, um tatsächlich eine Freilassung zu bewirken.

Dies ist und bleibt die einzige akzeptable Lösung. Es wurde Raif Badawi seit dem 9. Januar zwar kein neuer körperlicher Schaden zugefügt, aber man muss sich auch überlegen, was diese Ungewissheit, wie es jetzt weitergehen soll, ob und wann diese restlichen 950 Peitschenhiebe nun ausgeführt werden, die jede Woche ums neue am Freitag ihren Höhepunkt erreicht, nun genau für diesen jungen Araber bedeutet und wie sehr das an den Nerven zerren muss. Dies ist nichts anderes als psychische Folter. Schliesslich befindet er sich seit Januar in einem luftleeren Raum ohne Anhaltspunkte wie die Zukunft aussehen wird, keine Daten als greifbare Festpunkte in unmittelbarer Zukunft und muss jede Woche auf das Schlimmste gefasst sein. Diese Angst vergrössert sich natürlich durch besagtes Gerichtsurteil noch erst recht, die Situation erscheint aussichtsloser denn je.

Trotzdem gibt es auch weiterhin gewisse Hoffnungsschimmer. Beispielsweise kann die saudische Regierung diesen Fall schon seit längerem nicht mehr ignorieren, und sieht sich gezwungen, immer wieder zu wiederholen, dass die Menschenrechte in ihrem Land gewährleistet seien. Die Tatsache, dass das Auspeitschen trotz der Bestätigung des Urteils und entsprechenden Berichten durch inländische Medien letzten Freitag nicht vollzogen wurde, spricht ebenfalls dafür, dass die öffentliche Meinung doch nicht ungehört bleibt.

Dies alles ist ein guter Anfang. Es ist jetzt aber umso bedeutender, beharrlich zu bleiben und sich nun erst recht für die Freilassung Raif Badawis einzusetzen – auch wenn dies bedeutet, dass unsere Regierungen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen für einmal in den Hintergrund stellen müssen.

Raif Badawi ist ein friedlicher Mensch, der einzig und allein dafür bestraft wird, den Mut zu haben, seine eigene Meinung zu haben und diese mit der Welt um ihn herum zu teilen, auch wenn er dabei Themen anspricht, die für gewisse nicht irrelevante Bevölkerungsschichten seines Landes tabu sind. Es ist also absolut wünschenswert, dass Raif Badawi bald mit seiner Familie vereint sein wird und ein normales Leben führen kann. Denn dort ist sein Platz wo er hingehört – bei seiner Frau und seinen Kindern in allererster Linie, aber auch weil das bedeutet dass er dann seine Gedanken aussprechen könnte ohne Angst vor weiterer Repression und sie mit vielen Menschen, die genauso besorgt sind um das Schicksal der Welt, teilen könnte.

Hier geht es zur englischen Version des Textes:

https://saminana.wordpress.com/2015/06/17/17th-of-june/